![]() Es war einmal ein König, der war mit der schönsten Frau der Welt verheiratet. Ihre Haare waren wie reines Gold und ihre Haut so fein wie Porzellan. Der König liebte sie über alle Maßen und er konnte sie gar nicht oft genug ansehen, so bezaubernd war sie. Nachdem ihr der König sein Versprechen gegeben hatte, schloss sie für immer ihre wundervollen Augen. Der König war lange Zeit nicht zu trösten und er dachte nicht daran, sich eine zweite Frau zu nehmen. Doch dann wurde das Drängen seiner Räte immer ärger. Sie forderten, dass der König sich endlich erneut vermählte, denn die Zeit der gesellschaftlichen Verpflichtungen begann und dazu brauchte man unbedingt eine Königin. In das ganze Land und auch in die anliegenden Länder wurden Boten ausgeschickt, um eine Frau für den König zu finden, die der verstorbenen Königin gleichkam. Doch die Boten kehrten unverrichteter Dinge zurück: Eine so schöne Frau und dazu noch mit goldenem Haar gab es einfach nicht! Als die Kleine herangewachsen war, erkannte der König welche Ähnlichkeit das Mädchen mit seiner verstorbenen Frau hatte und er fühlte plötzlich eine heftige Liebe zu ihr. „Ich will meine Tochter heiraten, denn sie ist das Ebenbild meiner Frau. Es muss ihr Wunsch gewesen sein, denn jemand, der ihr auf das Haar gleicht, gibt es sonst nicht mehr in dieser Welt“, sprach der König zu seinen Räten. Die waren entsetzt, denn es war eine Sünde, die eigene Tochter zu heiraten. Der König würde sein Reich in Verderben stürzen! Die Tochter erschrak noch mehr, als sie von dem Entschluss ihres Vaters hörte. Sie hoffte aber, ihn von dieser Idee abbringen zu können. Doch sie konnte noch so auf ihn einreden, er war nicht zu bewegen, diesen Gedanken aufzugeben. Dann ersann sie eine List und machte die Erfüllung ganz ausgefallener Wünsche zur Bedingung dafür, dass sie ihn heiraten würde. „Ich will deine Frau werden, wenn ich drei Kleider habe, eins so golden wie die Sonne, eins so silbern wie der Mond und eins so glänzend wie die Sterne. Und dann wünsche ich mir einen Pelzmantel, der muss aus tausenderlei Pelz und Rauchwerk zusammengesetzt sein. Nun halte auch du dein Wort. Morgen soll die Hochzeit sein!“ Die Prinzessin ging weinend auf ihr Zimmer und schluchzte herzzerreißend vor Kummer. Sie konnte es nicht fassen, dass sich ihr Vater nicht eines Besseren besinnen wollte. Sie hatte ihn von Herzen lieb, aber heiraten wollte sie ihn nicht. Lieber wollte sie nicht mehr leben! Da erschien ihr eine Fee, die sprach zu ihr: „Prinzessin, seid nicht traurig, es werden auch wieder gute Tage für Euch kommen. Jetzt aber müsst Ihr fort von hier. Nehmt Euren Mantel und die drei Kleider und packt drei güldene Dinge ein, die Ihr besonders schätzt. Diese werden Euch eines Tages dienlich sein, um das Herz des Mannes zu gewinnen, den Ihr liebt. Viel Glück!“ Mit diesen Worten verschwand die Fee. Die Prinzessin nahm die drei liebsten Kostbarkeiten, die sie besaß, einen goldenen Ring, ein goldenes Spinnrädchen und ein goldenes Spindelchen, legt die winzigen Schmuckstücke in eine Walnuss, gab die Kleider von Sonne, Mond und Sternen in eine Schachtel, hüllte sich in den Mantel von allerlei Rauchwerk und schwärzte sich das Gesicht und die Hände mit Ruß. Unerkannt gelangte sie aus dem Schloss. Dann lief sie Tag und Nacht so schnell sie ihre Füße trugen, bis sie in einen großen Wald kam. Das Schicksal wollte es, dass der Weg der Jagdgesellschaft auch an der Höhle vorbeiführte, in der die Prinzessin schlief. Die Hunde des Königs liefen aufgeregt um den Bau, schnupperten und begannen wild zu bellen. „Seht nach, was für ein Wild sich dort versteckt hat“, befahl der König seinen Jägern. „In der Höhle liegt ein ganz sonderbares, recht großes Tier mit einem merkwürdigen Fell. So etwas haben wir noch nie gesehen. Das Tier schläft, so können wir es leicht fangen“, berichteten sie, als sie wiederkamen. „Bindet es und nehmt es mit“, sprach der König. Als die Jäger das Mädchen anfassten, erwachte es voller Schrecken. „Habt Erbarmen, ich bin ein armes Kind, von Mutter und Vater verlassen. Helft mir, bitte helft mir!“, rief es ganz verzweifelt. Die Jäger waren erstaunt, dass sich unter all dem Fell ein junges Mädchen verborgen hatte, und weil es so erbärmlich aussah und so schmutzig war, tat es ihnen leid. Sie nahmen es mit auf das Schloss es Königs, gaben ihm ein Kämmerlein unter der Treppe und schickten es in die Küche. Dort sollte es von nun an als Küchenhilfe arbeiten. Jeder nannte das Mädchen Allerleirauh, weil es immer seinen merkwürdigen Pelz trug, den es auch bei der Arbeit niemals auszog. Das Leben des Mädchens war sehr hart. Es schrubbte und putzte den lieben Tag lang, trug die schweren Kohleeimer, schleppte Holz herbei, schürte das Feuer, rupfte das Federvieh, wusch Geschirr und Wäsche, richtete das Gemüse und tat all die schwere Arbeit. Die Ballsaison begann und das ganze Schloss befand sich in Vorbereitungen für ein großes Tanzfest, das der König geben wollte. Allerleirauh wollte zu gern einmal wieder eine elegante Gesellschaft sehen. Und noch viel mehr wünschte sie sich, dem jungen König zu begegnen, von dem alle so viel Gutes erzählten. Also fragte sie den Koch: Der König kam ihr entgegen, reichte ihr die Hand zum Tanz und war völlig entzückt, denn eine solch schöne Frau hatte er noch niemals gesehen! Kaum war der Tanz zu Ende, verneigte sich Allerleirauh und als sich der König umsah, war sie verschwunden und niemand wusste wohin. Die Wächter, die vor dem Schloss standen, wurden gerufen und befragt, doch sie hatten die unbekannte Prinzessin nicht gesehen. Allerleirauh war in ihr dunkles Kämmerchen gelaufen, hatte geschwind das Kleid ausgezogen, Gesicht und Hände schwarz gemacht und den Pelzmantel umgetan. Als sie in die Küche kam, sprach der Koch: „Du brauchst jetzt nicht mehr zu putzen. Aber es wäre nett, wenn du die Suppe für den König zubereiten würdest, dann kann ich derweil auch einmal nach oben gehen und ebenfalls etwas beim Ball zugucken. Aber lass mir ja kein Haar in die Suppe fallen und gib dir Mühe!“ Da Allerleirauh großen Gefallen an dem König gefunden hatte, bereitete sie die Suppe besonders liebevoll zu. Dann gedachte sie der Worte der Fee, ging in ihre Kammer, holte den goldenen Ring und legte ihn auf den Grund der Suppenschüssel. Auf die Fragen des Königs antwortete es nur, dass es ein armes Ding sei und von dem Ring in der Suppe nichts wüsste. Bald war wieder ein Fest und Allerleirauh bat den Koch, wieder ein wenig zusehen zu dürfen. Der ließ sie gerne gehen, nachdem sie im versprochen hatte, wieder die Suppe zu kochen, die dem König so gut geschmeckt hatte. Diesmal legte Allerleirauh das Kleid an, das schimmerte wie der Mond, und als der König sie sah, konnte er die Augen nicht mehr von ihr lösen. Doch wie beim letzten Mal verschwand das schöne Mädchen nach dem Tanz und war unauffindbar. Allerleirauh hatte sich schnell wieder in die Küchenmagd verwandelt, ging in die Schlossküche und kochte dem König die Suppe. Diesmal legte sie das kleine Spinnrad in die Suppenschüssel. Wieder wurde sie zum König gerufen, doch sie verriet nicht, dass sie es gewesen war, die das Spinnrädchen in die Suppe getan hatte. Als der König zum dritten Mal ein Fest ausrichtete, erlaubte ihr der Koch erneut zuzusehen, danach sollte sie wieder die Suppe für den König kochen. „Du bist eine kleine Hexe. Was tust du nur in die Suppe, dass sie dem König so viel besser schmeckt als meine? Geh nur, aber komm nach zehn Minuten zurück, denn heute will ich etwas länger zuschauen. Wir haben ganz besondere Gäste und ich bin sehr neugierig, wie sie aussehen“, sprach er und ließ sie gehen. An diesem Abend zog Allerleirauh das Kleid an, das wie die Sterne funkelte, und der König freute sich sehr, sie wieder zu sehen. Für den Fall, dass die schöne Unbekannte wieder zum Ball kommen sollte, hatte der König seinen Musikern befohlen, dass der Tanz sehr lange dauern sollte. Und während sich Allerleirauh mit dem König im Walzerschritt drehte, steckte er ihr unbemerkt den goldenen Ring an den Finger, den er in der ersten Ballnacht in der Suppe gefunden hatte. Als der Tanz zu Ende war, wollte der König das Mädchen festhalten, doch es gelang ihm, sich zu lösen, es mischte sich unter die Leute und verschwand. Allerleirauh lief so schnell sie konnte in ihre Kammer. Der Koch wartete schon eine geraume Weile und schimpfte. Schnell machte sich Allerleirauh an die Arbeit, des Königs Suppe zu kochen. Diesmal gab sie die kleine goldene Spindel auf den Grund der Suppenterrine. Als der König die Spindel fand, ließ er wieder nach dem Küchenmädchen rufen. Dem Mädchen war es vorher nicht gelungen, den Ruß in der Eile gleichmäßig aufzutragen, dass es völlig schwarz war. An seiner Hand waren zwei Finger noch weiß und zart und an einem der Finger blitzte der Ring, den ihm der König übergestreift hatte. Der König, der den Ring erkannt hatte, griff Allerleirauh bei der Hand. Als sie sich abwenden wollte, öffnete sich der Mantel ein wenig und das Sternenkleid schimmerte hervor. Da nahm der König ihr den Mantel ab und die goldenen Haare quollen hervor. Als der Ruß von ihr gewaschen war, erkannte jeder in ihr die zauberhafte Unbekannte der vergangenen Ballnächte. „Sagt, wer seid Ihr und warum um alles in der Welt habt Ihr Euch vor mir versteckt?“, fragte der König, der selig war, sie wieder gefunden zu haben. Allerleirauh erzählte, warum sie vor ihrem Vater geflohen war und dass sie als Küchenmagd gearbeitet hatte, um vor der Entdeckung sicher zu sein. Denn noch immer fürchtet sie, dass er sie heiraten wollte. „Doch dann sah ich Euch und verspürte ein tiefes Gefühl für Euch. Aber wie konnte ich es als Küchenmagd wagen, Eure Aufmerksamkeit zu erringen? Ich wandte eine List an und so kam es, dass Ihr meinen Ring, mein Spinnrädchen und das Spindelchen in Eurer Suppe fandet“, fügte sie hinzu. „Diese Zutaten und eine weitere, die der Liebe, haben meine Sehnsucht nach dir geweckt. Es wird alles gut. Denn hier in meinem Land brauchst du den Vater nicht zu fürchten. Du sollst meine liebe Braut sein,“ rief der König voller Glück und die beiden umarmten sich innig. Wenige Tage später wurde Hochzeit gefeiert, der König und die Königin wurden sehr glücklich miteinander und lebten mit ihren Kindern, die alle feinstes Goldhaar hatten, sehr vergnügt bis an ihr Ende.
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